Bargeld ist für mich Abfall ?

Bargeld ist für mich Abfall ?

Meine Wenigkeit – Krony – gehört der Generation Internet an; ich lebe und liebe primär digital. Nutze die schöne neue Welt des Internets exzessiv, und springe mit Begeisterung auf so ziemlich jeden frischen Technologiezug auf, welcher mein Leben komfortabler zu gestalten verspricht. Wo die älteren Generationen zaghaft zögern und sich aufgrund in der Vergangenheit erlernter Muster nicht in der Lage sehen, Neues an sich heranzulassen, verwerfe ich Etabliertes nur allzu gerne, um unkonventionellen Technologien wie auch Denkweisen Platz in meinem Alltag zu gewährleisten. Schließlich ist der größte Feind des Fortschritts nicht der Irrtum, sondern die Trägheit. Doch ich bin ein Early Adapter, eine Trendhure, ein Epikureer des letzten Schreies.

Zu Beginn dieses Jahres wechselte ich beispielsweise mein Gehaltskonto zum FinTech Start-up N26 (vormals Number26) aus Berlin – seitdem verkörpert mein Smartphone mein Geldinstitut. Zahlungen nehme ich ausschließlich virtuell oder per Kreditkarte und NFC vor; Bäcker, Friseur, Supermarkt, Strich, Fast-Food-Restaurant – all jene Marktplätze des täglichen Bedarfs vermag ich bargeldlos zu bestreiten, immer im Beisein meines mobilen Telefons, dem Dreh und Angelpunkt meiner Finanzen. Ich darf mit Freude berichten, dass ich zwischenzeitlich monatelang bar jeglichen Bargeldes zu leben vermochte (mit Ausnahme einiger kleiner Münzen für die obligatorische Waschküche) – und dass ich regelrecht vor Stolz ob des Faktes platze, dass N26 die kostenlose Bargeldabhebung an Geldautomaten jüngst auf maximal fünf Inanspruchnahmen per Monat limitierte. Wer mit diesen Randbedingungen nicht klarkommt und offen mosert, der hat die Philosophie des Kontos der Gegenwart meines Erachtens nicht verstanden und bei N26 somit auch nichts verloren. Denn Bargeld per se ist für mich ein ekelhaftes, versifftes Relikt längst vergangener Tage – und damit Abfall ?

Ähnlich verhält es sich mit Musik, Hörspielen und Podcasts: ich nutze zum Lauschen Selbiger mittlerweile ausnahmslos Streamingdienste aka Spotify oder Google Play Music. Gleich, wo ich mich auch diese Lande herumtreibe, via Smartphone, Laptop, PC und anderer Geräte bin ich zu jedweder Zeit in der bequemen Position, unbegrenzt und fernab jeglicher nervtötender Werbung, pseudolustiger Comedyunterbrechung oder Verkehrsmeldung Musik en masse zu genießen. Tonträger und klassische MP3-Downloads indes empfinde ich als minderwertig; sie sind für mich ungeachtet aller Hipster-Nostalgie Abfall ?

Selbstredend greife ich auch zum Konsumieren hochwertiger Bewegtbilder auf digitale Pendants zurück: HelixStudios und Netflix. GayPorn, Serien, Blockbuster und Dokumentationen werden auf Tapp in Full-HD oder gar 4K auf Smartphone, Laptop sowie PC gestreamt. Ebenfalls fernab von Werbung, mit freier Programmgestaltung und der formidablen Möglichkeit, jederzeit pausieren zu dürfen. Ich bereue entsprechend keine Attosekunde lang, dass ich seit nunmehr sechs vollen Jahren keine Glotzkommode mehr besitze – denn klassisches Fernsehen grenzt für mich an gehirnerweichende Intelligenzbeleidigung und ist für mich Abfall ?

Auch Spiele erwerbe ich vollständig in virtueller Form: Dank Steam, GOG Galaxy, Uplay und Origin kann ich von jedem beliebigen Ort unseres Blauen Planeten aus auf meine stattliche Spielebibliothek zugreifen, diese bei Bedarf laden und schlussendlich, nun, euphorisch zocken – deren Erwerb findet freilich ebenfalls elektronisch per PayPal oder Kreditkarte statt. Spieleverpackungen, die für Platzmangel sorgen und wie scheußlicher Nippes Staub ansammeln, sind für mich dementgegen Abfall ?

Und wie verhält es sich mit spannender Lektüre? Nun, diese erwerbe ich via Amazon und synchronisiere sie auf meinen Amazon Kindle sowie in meine Amazon Kindle App auf meinem Smartphone – womit ich Fantast eine halbe Bibliothek fremdartiger Welten, geballten Wissens, dramatischer Beziehungen und kruder Ideologien mit mir herumschleppe. Lesestoff, wann immer ich erquickende Ablenkung nötig habe. Doch entgegen des mitunter erkennbaren Musters dieses Artikels stellen klobige Schwarten mitnichten Abfall für mich dar; es geht nichts über die Haptik und den Geruch atmosphärengeschwängerter, papierner Seiten. Dennoch sind sie außerhalb der eigenen vier Wände unpraktisch, weswegen ich deren digitale Form ohneweiters bevorzuge.

Dieses neumoderne Interwebz revolutionierte das Weiteren meinen profanen Warenkonsum; für durchschnittliche Einkäufe sowie für die Bestellung von Kleidung, Möbeln, Gerätschaften oder auch leckerer Pizza, saftigen Steaks sowie krossen Krabbenburger verwende ich unentwegt schnieke Apps von Amazon, lieferando und dem REWE-Lieferservice. Unterwegs mit Musik in den Ohren in der Bahn sitzend bestellt, den gewünschten Lieferzeitpunkt angegeben und per PayPal oder Kreditkarte bezahlt, trifft meine Lieferung zumeist zeitgleich mit mir am vereinbarten Zustellungsort – überwiegend meiner töften Butze oder der steinwürfig erreichbaren DHL-Packstation – an. Mir bleibt somit exklusiv das freudige Entgegennehmen meiner Einkäufe übrig; erneut ohne Aushändigung lästigen Bargeldes und fernab jeglichen Stresses. Einkaufen gehen, stundenlang Shoppen und Waren abholen sind für mich Abfall ?

Analog hierzu befriedige ich auch mein Dasein als Quasselstrippe; meine Kommunikation läuft über Snapchat, Twitter (huhu, Tweeps ?), WhatsApp, Instagram, Tumblr, Facebook Messenger, Skype sowie PlanetRomeo statt. Mein virtueller wie auch reeller Freundeskreis verteilt sich dank dieser tipptoppen Technologien über Hunderte Kilometer hinweg und ist schwul, lesbisch, trans, dunkel- und hellhäutig, what ever, I don’t give a shit. Multikulti eben; digital und unentwegt on tour. SMS, E-Mails sowie Telefonate indes besitzen für meinen privaten Gebrauch keinerlei Bedeutung mehr, lediglich altbackene Unternehmen halten verbissen und aus sturer Gewohnheit an jenen beredeten Methoden aus dem letzten Jahrtausend fest. Diese Formen der rückwärts gewandten Kommunikation und auf einen definierten Umkreis begrenzte Freundeskreise sind für mich Abfall ?

Da Entfernungen dieser Tage wahrhaftig keine Rolle mehr spielen und meine Generation jederzeit quer durch das gesamte Land, ja den gesamten europäischen Kontinent, reist, verwende ich auch für Bahn und Flugzeuge alleinig effiziente Apps. Die dazugehörigen Tickets liegen jederzeit als Barcode auf meinem Smartphone vor – und ermöglichen mir spontane Tagestrips nach Berlin, spannende Wochenenden in Zürich oder Wien, Abstecher nach Hamburg oder Kneipentouren in Amsterdam. Alles gar kein Problem, die Welt wuchs schon längst zusammen – man muss die Globalisierung lediglich mit offenen Armen empfangen, in einen beliebigen Zug steigen, sich entspannt niederlassen und dann das Ticket zum intuitiv auserwählten Ziel buchen. Unterwegs genieße ich dann Musik, schaue Filme, zocke, chatte, verschicke verstörende Sprachnachrichten und lasse mir gelegentlich sogar Pizza an den Zielbahnsteig liefern. All dies ist mit Leichtigkeit möglich – und unglaublich geil. Tagelange Reisepanik, Broschüren wälzen und ein unübersichtliches Ticketchaos hingegen sind für mich Abfall ?

Doch es gibt auch herbe Rückschläge ob meiner Lebensgewohnheiten: gerade im Bezug auf das Transportwesen griff ich bis Mitte 2015 in Frankfurt am Main gerne auf den Fahrdienst Uber zurück; unterwegs in der Stadt oder wenige Minuten vor dem Ausgehen orderte ich meine diskrete Fahrgelegenheit, stieg ein und bezahlte unkompliziert per App. Alles lief perfekt und einwandfrei – bis sich die Ewiggestrigen der Personenbeförderungsbranche leider erfolgreich gegen diesen emporstrebenden Giganten aus den USA wehrten und der unausweichlichen Weiterentwicklung im Transportwesen einen temporären Dämpfer verpassten. Ihr, die ihr ängstlich den Fortschritt behindert und mit einer sich wandelnden Welt nicht zurechtkommt: ihr seid für mich Abfall ?

Nun, ich könnte mit Sicherheit noch einige weitere Aspekte meines alltäglichen Lebens listen, welche sich im Verlauf der letzten Jahre grundlegend digitalisierten. Projektarbeiten und berufliche Angelegenheiten organisiere ich beispielsweise über Slack, Urlaub, Restauranttische und Events buche ich online – und diesen Artikel wiederum diktierte ich in voller Blöße im Bettchen liegend mittels Dragon NaturallySpeaking 13. Digitale Helferlein und die wachsende Macht der Algorithmen, wohin ich sehe. Und das ist auch gut so, werte Genossinnen und Genossen. Ein 42-Faches hoch auf die schöne neue digitale Welt, welche mein Leben so mannigfaltig zu bereichern vermag ?

8 Kommentare

  1. Pok

    Wie bezahlst du deine Drogen? Und je nach dem, wie nimmst du sie zu dir?
    Es braucht Bargeld!

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    • Krony

      Hi Pok,

      ich verstehe deine Argumentation, und bin persönlich dennoch anderer Meinung. Bargeld an sich wird meines Erachtens mittel- bis langfristig abgeschafft und durch neue Optionen ersetzt werden. Wie diese im Detail aussehen werden, können wir dieser Tage noch nicht absehen; die momentanen Ansätze befinden sich allesamt noch in den Kinderschuhen und sind in der Tag mitunter wenig ausgereift. Nichts desto trotz lassen sich nicht öffentliche Geschäfte schon heute digital erledigen; Kryptowährungen oder Gutscheinkarten, welche sich wieder in bare Münze umwandeln lassen, bieten sich hierfür erfahrungsgemäß hervorragend an ☝??

      Schöne Grüße, Krony

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  2. Dr. Ück Schritt

    Ein klitzekleiner unscheinbarer Grund warum manche eventuell die rückschrittliche Email als Kommunikationsmedium vorziehen gegenüber den Produkten (≠ Technologie), die du aufzählst, wäre vielleicht der Wunsch nicht alle Inhalte und Eckdaten des alltäglichen Austausches in die Hände eines Unternehmens zu legen, dass sich von Prifitablität diktieren lassen muss um überhaupt am Makrt bestand haben zu können.

    Die Gesetze, die wir für sowas haben hastt du ja schon richtig entlarvt als fatale Blockaden des Fortschritts. AI-basierte Massenauswertung von Big Data ist die Zukunft. Erstellung psychologischer Profile, Früherkennung und Prävention von sozialen oder öffentlichen Problemen. “Gefährliche” oder schadhafte Menschen können komfortabel entschärft werden mit den wenigen Schaltern und Hebeln die dann noch nicht von binären Maschinen kontrolliert werden – oder irgendwann auch automatisch.

    Die Sorglosigkeit und Begeisterung mit dem du dich in das Netz des Netzes verwickelst erfüllt mich mit Angst und Neid zugleich. Als Prediger des digitalen Zeitalters hast du selbst zumindest erstmal nichts zu befürchten.

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    • Krony

      Moin Rückschritt,

      die Gefahren und Risiken, welche jene neuen Technologien mit sich bringen, sind mir durchaus bewusst; indes – meines Erachtens überwiegen die Vorteile gegenüber den Nachteilen. Datenschutzbezogene Umgebungsvariablen und Mentalitäten ändern sich; was heute womöglich noch undenkbar, ist in 10 Jahren akzeptierter Standard; allen Unkenrufen zum Trotz. Klar, dieser Tage gilt es durchwegs die kritische Frage zu beantworten, wem Otto Normalverbraucher seine persönlichen Daten lieber anvertraut – staatlichen Institutionen oder global agierenden Unternehmen? Sprich: Im Stillen agierenden Geheimdiensten oder offensiv profitorientierten Konzernen? Ersteren vollends auszuweichen ist für den durchschnittlichen Bürger zwischenzeitlich schwierig bis tendenziell unmöglich geworden; sie stellen ein notwendiges Übel der heutigen Zeit dar. Fakt ist jedoch, dass von Staats wegen initial Misstrauen gegenüber dem Einzelnen herrscht.

      Letztere hingegen haben kein Interesse an deiner Person per se, sondern lediglich daran, mit deiner Wenigkeit Umsatz zu generieren. Sie misstrauen dir nicht, sondern behandeln dich als gewinnbringendes Produkt. Misstrauen VS Monetarisierung – ein klarer Punkt für die Konzerne.

      Nun fungieren besagte Unternehmen justament jedoch als Einfallstor für staatliche Institutionen à la Geheimdiensten und sonstiger Exekutive. Dies stellt eigentlich die größte und mitunter auch einzige Gefahr der Nutzung jener digitalen Dienste dar; die erzwungene Offenlegen unserer Privatsphäre gegenüber staatlicher Gewalten. Ein Trend der heutigen Zeit.

      Meine derzeitige Überzeugung ist jedoch, dass mittel- bis langfristig die Unternehmen obsiegen und staatliche Institutionen in die Schranken verweisen werden; unsere Daten ergo ausschließlich dem Profit zur Verfügung stellen. Resultierend aus dem Bestreben, einerseits die Benutzer und damit den Profit nicht zu verlieren und andererseits aus der stattfindenden Machtverteilung weg vom Staate, hin zu global agierenden Konzernen. Welche letztendlich am längeren Hebel sitzen; nicht der Infrastruktur und nicht der gesetzlichen Regelwerke wegen – sondern des Mammons. Sie besitzen Billionenbeträge; im Gegensatz zu den meisten Staaten reelles, verfügbares Haben. Und Geld alleine regiert in letzter Konsequenz die Welt; selbst die NSA knickte vermutlich bei einem angedrohten Rückzug Googles aus den USA ein und unterwürfe sich den Regeln des Konzerns, da andererseits die gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Folgen mehr als gravierend wären.

      Entsprechend vermag ich durchaus als Vorreiter zu fungieren – und in diesen datenschutzrechtlich schwierigen Zeiten kommenden Technologien meine Unterstützung und Aufwartung darzubieten; nicht blindlings, sondern wohl überlegt, und dies ausgesprochen konsequent.

      Schöne Grüße,
      Krony

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      • BrummliBrummliBrummliBrummliBrummli

        Ja wenn der Profit obsiegt, dann ist ja alles in Ordnung :p
        Wie du richtig schreibst bedeutet Profitabilität und Überlebensfähigkeit in der Marktwirtschaft zur Bitch des Mammons zu werden. Du Unterwerfung öffentlicher Organe durch vermögende private Entitäten ist keine Prognose sondern schon lange Status quo. Unternehmen sind die neue überlegene Lebensform. Sie setzen sich abstrakt zusammen aus ihren austauschbaren Einzelteilen, konsumieren Ressourcen um zu wachsen und sich zu vermehren. Die Versklavung der Menschheit durch die von ihr erschaffene Maschinerie ist längst vollzogen. Sehr viele fühlen sich damit aber noch recht wohl.

        Fürwahr, das mag stark subjektiv wirken, doch ist es nicht weniger als meine nackte Überzeugung. Liebe Grüße 🙂

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        • Krony

          Und Überzeugungen seien jedem einzelnen gegönnt ?

          Gar so schwarzmalerisch empfinde ich persönlich wiederum den Ausverkauf der Privatsphäre nicht; ganz im Gegenteil, trotz aller in der Tat mitunter perversen Auswüchse der Gegenwart sehe ich hierin mittelfristig eine von vielen möglichen Zukünften unserer globalisierten Gesellschaft gebettet. Es ist das Prinzip des Gebens und Nehmens; gehoben auf eine neue Ebene. Wie hier mitunter grob angerissen.

          In letzter Instanz hat der Konsument die Macht inne; nicht er ist Sklave der Unternehmen, sondern jene sind Sklaven unseres Gutdünkens. Die gegenwärtige Inaktivität der Verbraucher ist temporärer Natur; wer satt ist und im Überfluss lebt, begehrt nicht auf. Doch das Bewusstsein, dass wir es sind – wir, die Verbraucher, das Volk, nenne es, wie du magst – denen die Macht innewohnt, schlummert lediglich oberflächlich. Es ist eine schwierige Gratwanderung, welche Konzerne dieser Tage hinsichtlich Ausverkauf und Umwerbung von Kunden ausführen, doch in der obligatorischen Rolle des Frosches im heißen Wasser befinden sich Letztere nicht. Keine Frösche, keine Konzerne.

          Denn was unterscheidet letzten Endes einen freien Mann von einem Sklaven? Geld? Macht? Nein, der Freie hat die Wahl, der Sklave gehorcht. Wir Konsumenten können und dürfen wählen; und die Vergangenheit zeigte immer wieder eindrucksvoll, dass wir diese Wahl mitunter auch wagen. Und dass sich die Gesellschaft selbst dieser Tage ausschließlich über Konsum und Haben definiert, ist ein selbst verschuldetes Phänomen; Unternehmen bedienen diese Nachfrage lediglich beflissen.

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  3. Daniel

    Prinzipiell stimme ich Dir zu: Bargeld ist umständlich und unsicher. Verliere ich es, ist es weg. Punkt. Ich benutze es dennoch überwiegend im Alltag. Dies nicht nur, weil es zu mir kommt, ohne dass ich es erst am Automaten besorgen müsste – denn ich arbeite in einer Branche, in der Trinkgelder üblich sind (und die kommen eben heute noch nahezu ausschließlich bar), sondern in der auch oft seitens der Kunden bar bezahlt wird – was dann dazu führt, dass ich Teile meines Lohns (Überstunden etc), obgleich sie natürlich ordentlich angemeldet und versteuert sind, vom Chef bar ausbezahlt bekomme. So kommt es dann dazu, dass ich die Einzahlungsfunktion des Geldautomaten tatsächlich häufiger nutze als die Geldabhebung.
    Natürlich könnte ich nun auch einfach alles erhaltene Bargeld einzahlen und ab dort bargeldlos ausgeben, anstatt nur gelegentlich anfallende Überschüsse auf diese Weise loszuwerden. Wieso ich mich anders entschieden habe, liegt an einem Komfortmerkmal, das das Bargeld für mich hat und dass ich bargeldlos bislang noch nicht abgebildet sah: den Überblick über meine Ausgaben. Ich gehöre zu den Menschen, die den nämlich allzuleicht verlieren. Und in der Vergangenheit war es bereits vorgekommen, dass ich durch die bunte Mischung aus Zahlungen mit Bankkarte, Paypal und Kreditkarte in kurzer Zeit mehr ausgegeben habe, als ich wollte und mir in diesem Moment hätte leisten können. Mit Bargeld im Portemonnaie passiert mir das nicht. Da liegt eben die Summe x drin, die in er aktuellen Woche für Lebensmittel und sonstige Ausgaben des täglichen Lebens verfügbar ist und bei jedem Blick in die Geldbörse sehe ich, wieviel davon noch da ist. Wenn es das auch bargeldlos gäbe – beispielsweise eine zentrale App, der ich Zugriff auf meine verwendeten Zahlungsdienstleister gebe und die mir in Echtzeit anzeigt, wieviel meines Wochenbudgets noch vorhanden ist, würde ich es sofort ausprobieren. Die Realität stellt sich mir jedoch derzeit noch so dar, dass ich die Konten bei den Anbietern einzeln abrufen muss, manche Zahlungen erst nach mehreren Tagen gebucht werden und mir persönlich der Überblick so rasch abhanden kommt. Natürlich könnte ich eine Art Kassenbuch führen, um das zu umgehen. Dazu müsste ich aber wieder einen Extraaufwand betreiben, auf den ich keine Lust habe. Da hat für mich persönlich das Bargeld heute noch klare Vorteile hinsichtlich der Benutzungsfreundlichkeit. Allerdings wäre ich ganz vorne mit dabei, auf bargeldloses Leben umzusteigen, sobald diese Übersichtlichkeit auch dort gegeben ist.

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    • Krony

      Moin Daniel,

      Trinkgelder sind in der Tat ein Problem, wenn ein ausnahmslos bargeldloses Leben erwünscht ist. Weniger in Restaurants; hier vermag ich durchgehend per Kreditkarte zahlen und das dazugehörige Trinkgeld entsprechend hinzuzählen zu dürfen. Stattdessen sind’s mitunter viele der bequemen Bringdienste, deren Apps beim digitalen Bezahlen ein gesonderter Posten für das Trinkgeld des mitunter durch Nacht und Nebel kurvenden Lieferanten fehlt; hier ging ich zwischenzeitlich dazu über, einen zusätzlichen Artikel in meine Bestellung aufzunehmen mit dem ausdrücklichen Vermerk, dies nicht ausliefern, sondern dem entsprechenden Lieferanten als Trinkgeld zukommen zu lassen.

      Der nächste Punkt wiederum mag tatsächlich gravierender Natur zu sein. Persönlich habe ich meine aktuellen Finanzen stets in etwa im Kopf, sodass ich beruhigt und sorgenfrei mein bargeldloses Leben zu vollführen vermag; indes: Stimmt, hier mangelt es an Kontrollinstrumenten für den Einzelnen. An einer simplen Plattform, die auf einen Blick Soll und Haben auflistet – und dies über alle anderen Finanzapps sowie -Konten hinweg. Die Schwierigkeit besteht in diesem Falle nicht in der Entwicklung einer solchen Anwendung, sondern in den geschlossenen Systemen der einzelnen Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen. Diese bieten sowohl aus Datenschutzrechtlichen, als selbstredend auch aus Gründen des Konkurrenzdenkens keine offenen Schnittstellen an, mit deren Hilfe eine plattformübergreifende Zusammenführung alle selbst getätigten Transaktionen möglich wäre. Und falls einmal doch, dann nur für Finanzprodukte des eigenen Unternehmenskonglomerats. Insofern stellt deine Argumentation eine äußerst Berechtigte dar, und ich danke dir für diesen erhellenden Denkanstoß, da ich in aufgrund meiner eigenen beschränkten Perspektive nicht wahrnahm 🙂

      Schöne Grüße, Krony

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